Bei jedem Neubau stellen sich meine Bauherren die quälende Frage: bauen wir mit oder ohne Keller? Für Ihre Entscheidung will ich heute eine kleine Hilfestellung liefern.
Kosten und Zeit
Grundsätzlich lässt sich wohl sagen: je mehr Kubatur - also Volumen - errichtet wird, desto höher sind die Baukosten. Das beschreibe ich immer wieder in meinen Artikeln. Die Größe der Bebauung ist die erste und größte Stellschraube Ihrer Kostenplanung. Ist das Baubudget knapp, ist der Verzicht auf den Keller eine erste große Ersparnis in Ihrer Planung. Außerdem sparen Sie Bauzeit ein, und sparen so ebenfalls Geld.
Fazit: Sie wollen Zeit und Geld sparen, dann bauen Sie ohne Keller.
In diesen Artikeln habe ich mich bereits mit der Einsparung der Baukubatur beschäftigt:
Einflussfaktoren auf die Kosten
Wie viel spart man denn nun tatsächlich, wenn man auf den Keller verzichtet?
Und was macht den Keller so teuer?
Es gibt augenscheinliche Faktoren, die jeder von Ihnen sofort beurteilen kann. Liegt das Grundstück am Hang oder ist die Bebauung an einer Grundstücksgrenze oder gar in einer Baulücke zu planen, wird es tendenziell teurer. Der Bau eines Kellers auf der geraden, trockenen Wiese mit reichlich Abstand zu den Nachbarn wird eher günstiger.
Der Baupreis des Kellers hängt auch vom Baugrund ab. Da die Qualität des Bodens nicht mit bloßem Auge erkennbar ist, empfehle ich Ihnen, ein Bodengutachten erstellen zu lassen. So können Sie erfahren:
- wie hoch ist der Grundwasserstand?
- ist mit Schichtenwasser zu rechnen?
- welche Bodenqualität liegt vor?
- ist das Erdreich kontaminiert?
Bauen Sie in Mainz? Lassen Sie es am besten mit dem Kellerbau gleich sein. Wie in jeder von den Römern errichteten Stadt entspricht jeder Spatenstich dem Beginn einer archäologischen Grabung. So wurden bei Bauarbeiten ein römisches Theater, ein Stadttor, ein Tempel, fünf Militärschiffe und zahlreiche Hausfundamente entdeckt.
Holen Sie Auskünfte über durch das Grundstück verlaufende Leitungen (Strom, Telekom, Abwasser) ein. Alle Informationen, die Sie im Vorfeld über Ihr Grundstück sammeln, helfen bei der individuellen Entscheidung darüber, ob Sie mit oder ohne Keller bauen.
Soll der Keller zum dauerhaften Aufenthalt dienen (Gästezimmer, Arbeitszimmer), muss die Raumhöhe, die Belichtung sowie die Ausstattung wie in allen anderen Geschossen vorgesehen werden. Die Räume werden dann geheizt und gelüftet. Der "unterirdische Aufenthaltsraum" kostet in der Gesamtkalkulation mehr, als die Zimmer oberhalb der Erdoberfläche. Günstiger, weil einfacher ausgestattet und vielleicht sogar niedriger sind Abstellräume, Heizungsräume oder Hauswirtschaftsräume.
Fazit: Einflussfaktoren auf den Preis des Kellers sind: seine Größe und Höhe, seine Lage auf dem Grundstück, die gewünschte Nutzung und Ausstattung, die Beschaffenheit des Erdreichs und alle "Bodenschätze", die im Erdreich verborgen auf Sie warten.
Umweltschutz
Je größer wir bauen, desto größer ist der Eingriff in die Natur und somit die gesamte Umweltbelastung. Hervorgerufen durch die Versiegelung von Flächen und Belastungen aus Herstellung und Transport der Baumaterialien.
Für den Bau unterhalb der Erdoberfläche gelten besondere Erschwernisse. Es dürfen nicht alle Baustoffe verwendet werden. Sie müssen unempfindlich gegen Feuchtigkeit und mechanische Belastung sein. In der Regel handelt es sich dabei um Baumaterialien, die weniger umweltverträglich sind, und für diese gibt es bislang kaum Alternativen. Wem also die Umwelt besonders am Herzen liegt, der könnte auch aus diesem Grund Bauarbeiten unter der Erde auf das Minimum beschränken. Erdkontakt haben Gebäude immer. Welcher Anteil des Gebäudes unter der Erde errichtet wird, das kann in der Hand des Bauherren liegen.
Die Wärmedämmung, die im Erdreich zum Einsatz kommt, wird als Perimeterdämmung bezeichnet. Sie wird aus aufgeschäumten Erdölprodukten hergestellt. Der Erdölanteil im Baustoff selbst liegt zwar nur bei 2 %, der Rest des Baustoffs ist Luft. Die Entsorgung dieser Dämmstoffe ist bis heute ein Problem.
Beton wird im Verbund mit Stahl zum Bau von Fundamenten, Bodenplatten und Kelleraußenwänden benutzt. Der Baustoff wird aus Zement, Wasser und Gesteinskörnungen gemischt und mit einer Vielzahl chemischer Zusatzstoffe versetzt: Betonverflüssiger, Luftporenbildner, Verzögerer, Erhärtungsbeschleuniger, Stabilisierer oder Viskositätsmodifizierer und weitere.
Die Herstellung von Zement setzt enorme Mengen CO2 frei. Für den Abbau des Zement- Ausgangsstoffs Sand wird die Umwelt sehr in Mitleidenschaft gezogen.
Bituminöse Abdichtungen für erdberührte Bauteile basieren auf Erdöl.
Fazit: Das Bauen ist immer ein Eingriff in die Natur. Es gibt kaum Baustoffe, deren Herstellung oder Verwendung die Umwelt nicht in irgendeiner Art beeinträchtigt. Aber unter der Erde zu bauen, bedeutet zwangsläufig, dass eher umweltbelastende Baustoffe zum Einsatz kommen.
Alternativen
Man kann ein Haus nicht nachträglich unterkellern. Und ein Keller bietet auch sehr viel Stauraum. Sollten Sie sich aus einem der oben genannten Gründe dennoch gegen den Bau eines Kellers entscheiden wollen oder müssen, habe ich hier ein paar Ideen für Ersatzmöglichkeiten gesammelt.
Es können oberirdische Kellerersatzräume errichtet werden. Zum Beispiel als Schuppen, ungeheizte Nebengebäude oder als Verlängerung einer Garage. Es gibt abschließbare Fahrradboxen, Unterstände und Gartenhütten.
Empfindliche oder wertvolle Dinge, die man gerne im Haus aufbewahren möchte, könnten im Dachboden Platz finden. Sehr viel Stauraum kann in raumhohen Einbauschränken gewonnen werden. Unterhalb von Treppen können passgenaue Einbauten ebenfalls sehr nützlich sein.
Muss eigentlich jeder von uns einen Kärcher, eine Nähmaschine oder einen Gartenhäcksler besitzen? Viele Gegenstände können geliehen oder gemeinschaftlich angeschafft werden und müssen in diesem Fall nur an einem Ort aufbewahrt werden, anstatt in jedem Keller. Gemeinschaftlich genutzte Werkstätten und Repaircafés sind eine tolle Erfindung.
Fazit: Kellerersatzräume oberhalb der Erdoberfläche, Dachböden, Einbauregale und raumhohe Stauräume sind gute Ausweichmöglichkeiten, wenn kein Keller gebaut werden soll.
Lager mieten
Wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind und Sie in die Situation geraten sollten, zwingend Dinge unterbringen zu müssen, kann das Mieten eines Lagers Abhilfe leisten.
"Die Preise für Lagerräume variieren je nach Lagerdauer und Quadratmeter. Wird Lagerplatz nur kurzfristig benötigt, gelten in den meisten Fällen Sonderkonditionen. Bei einer durchschnittlichen Einlagerung von einem Jahr und einer Lagerfläche von beispielsweise 20-35 Quadratmetern kann mit einem Richtwert von ca.10 Euro pro m² pro Monat gerechnet werden. Aber auch hier variiert der Preis von Stadt zu Stadt zum Teil stark. Mieter, die sich für entsprechende Lagerräume interessieren, sollten vorab immer auf die Lagerbedingungen achten. So kann es durchaus sein, dass Waren wie zum Beispiel Nahrungsmittel oder Güter, die verderblich, geruchsbildend oder brandfördernd sind, von vornherein ausgeschlossen sind und nicht eingelagert werden dürfen."
Kellerrenovierung und Mangelbeseitigung
Letzter Tipp für diejenigen, die sich für den Kellerbau entscheiden: Der Bau eines Kellers oder eigentlich aller unterirdischen Bauteile sollte gut überwacht werden. Die Mangelbeseitigung und sämtliche Renovierungsarbeiten an den Kellerwänden sind nur möglich, wenn die Außenanlage wieder abgetragen wird. Das zehrt nicht nur an den Nerven sondern verursacht Kosten an Stellen, in die Sie eigentlich gar nicht mehr investieren wollten. Und wenn es doch sein muss, hilft Ihnen eine gute Dokumentation der Leitungsführung. Dokumentieren Sie beim Bau die Lage und die Tiefe der Leitungen.
Fazit: den Bau unterirdischer Bauteile gut zu überwachen und zu dokumentieren spart bei späteren Sanierungen Zeit und Geld.
Schöne Grüße, Karolina Kulik, Architektin
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